Stadtarchivar Tobias Westhoff drückt als neues Jägerken bei der Historie ein Auge zu
Mit der Geschichte nimmt es Tobias Westhoff schon von Berufswegen sehr genau. In seiner neuen Rolle als Jägerken ist der 30-Jährige jedoch pragmatisch.
48. Jägerken von Soest – Tobias Westhoff
Foto: Wirtschaft und Marketing Soest, Gero Sliwa
Mit der Geschichte nimmt es Tobias Westhoff schon von Berufswegen sehr genau. In seiner neuen Rolle als Jägerken ist der 30-Jährige jedoch pragmatisch. Der Soester Stadtarchivar wird am Kirmesmittwoch erstmals offiziell in das Wams der Soester Repräsentationsfigur schlüpfen. Dass das Outfit jedoch über Druckknöpfe, Klettverschluss und Gummizug verfügt und damit wohl nicht ganz die Anforderungen einer Landsknecht-Montur aus dem 17. Jahrhundert gerecht wird, stört den Historiker nicht. „Es handelt sich ja hier um eine Werbe-Figur, und die muss in erster Linie auffallen und Sympathien wecken“, sagt er. Außerdem sei er ganz dankbar für ein bisschen modernen Tragekomfort, schließlich wird er das Outfit wie seine 47 Vorgänger für ein Jahr zu zahlreichen offiziellen Anlässen tragen.
Dass die Wahl ausgerechnet auf ihn fiel, hat ebenfalls einen Hintergrund, der historisch nicht ganz wasserdicht ist: Soest feiert in diesem Jahr bekanntlich das 1400-jährige Stadtjubiläum und beruft sich dabei auf die sogenannte „Dagobert‘sche Schenkung“. Die wiederum wurde dokumentiert in einer Urkunde, die nachweislich gefälscht ist. Für den Stadtarchivar jedoch kein Problem. Schließlich habe die Soester Jubiläumsrechnung auf Basis gefälschter Daten inzwischen Tradition. „Im Jahr 1924 organisierten die Soester Bürgerschützen unterstützt vom Soester Geschichtsverein und dem Verein für Heimatpflege, die damals noch getrennt agierten, nachweislich belegbar das 1300. Soester Stadtjubiläum“, so Tobias Westhoff. Vor diesem Hintergrund habe es nahegelegen, 100 Jahre später erneut zu feiern und zur Kirmes ein Jägerken aus den Reihen der damals ausrichtenden Vereine auszuwählen. Dass die Wahl auf ihn fiel, mache ihn „unglaublich stolz“.
Seine Liebe zu Soest hat der neue Jäger über sein historisches Interesse entdeckt. Geboren ist er in Rheda-Wiedenbrück, nach dem Studium in Marburg und einer Station im Bundesarchiv in Berlin, bewarb er sich schließlich im Soester Stadtarchiv und trat bald auch dem Verein für Geschichte und Heimatpflege bei. Seine Amtszeit möchte er gerne auch dazu nutzen, mit einigen Vorurteilen gegenüber der Arbeit von Archivaren und Historikern aufzuräumen. „Weder im Stadtarchiv noch beim Verein für Geschichte und Heimatpflege sitze ich im Keller und staple staubige Akten von rechts nach links“, sagt Tobias Westhoff. Geschichte könne erstaunlich lebendig sein. Das erlebe er zum Beispiel, wenn er Anfragen von Privatpersonen bekomme, die Unterstützung bei der Ahnenforschung in der eigenen Familie benötigen.
Äußerst lebendig werden auch garantiert seine ersten Tage im Amt als Jägerken. „Ich bin total gespannt darauf, was mich da erwartet“, sagt er mit Blick auf die Amtseinführung am Kirmesmittwoch. Und eines ist schon jetzt klar: Als 48. Jägerken von Soest wird der Stadtarchivar nun selbst ein kleines Kapitel Soester Stadtgeschichte schreiben.
Sebastian Moritz
Weitere Infos:
Publiziert am:
6.11.24