Wie einst bei Oma und Opa: Erinnerungen an die 1950er-Jahre
„Ach, wie schön! Guck mal, wie damals bei meiner Oma!“ Mancher, der im Sozialkaufhaus an der Langen Wende stöbern und shoppen geht, kommt sich vor, wie einst in Großmutters Guter Stube. Das Kaffeegedeck in der Vitrine gleicht dem hübschen Blümchen-Service, das die alte Dame nur zu ganz besonderen Gelegenheiten auf den Tisch stellte.

Sie haben sich ein nettes Plätzchen ausgesucht: Tanja Neveling (links, Leiterin des Soester Sozialkaufhauses, Lange Wende 20) und Mitarbeiterin Carmen Gernhard sitzen auf gemütlichen, schlanken Polstersesseln.
Foto: Heyke Köppelmann

Hinter dem großen Glaseinsatz des Wohnzimmerschrankes kamen in der 1950er-Jahren Geschirr und Gläser hervorragend zur Geltung. Die Leute zeigten gern, was sie hatten.
Foto: Heyke Köppelmann

Jetzt eine eisgekühlte Coca Cola zur Erfrischung. Die begehrte braune Brause lagerte in solchen Truhen.
Foto: Heyke Köppelmann

Auch auf vielen Soester Plattenteller drehte sich einst die „Glenn Miller Story“.
Foto: Heyke Köppelmann

Solche Rauchertischchen standen früher in vielen Wohnzimmern. Eine in das Ensemble integrierte Steh-Lampe mit großem Schirm gab das passende Licht.
Foto: Heyke Köppelmann

Sie ist zwar etwas jüngeren Datums, doch der Name auf der roten Herz-Schallplatte weist in die 1950er-Jahre, als der britische Sänger und Musiker Alan Price seine Karriere startete. Unter dem neuen Namen „The Animals“ wurde die Band mit Leadsänger Eric Burdon später weltberühmt.
Foto: Heyke Köppelmann

Ein Hingucker: ein nostalgisches Röhren-Fernsehgerät aus Radeberg. Der Fantasie der Käufer sind keine Grenzen gesetzt, wie sie die nostalgische Flimmerkiste künftig nutzen wollen.
Foto: Heyke Köppelmann

Beliebte Sammeltassen: Diese kleinen Schätzchen hielt Oma in Ehren.
Foto: Heyke Köppelmann








„Ach, wie schön! Guck mal, wie damals bei meiner Oma!“ Mancher, der im Sozialkaufhaus an der Langen Wende stöbern und shoppen geht, kommt sich vor, wie einst in Großmutters Guter Stube. Das Kaffeegedeck in der Vitrine gleicht dem hübschen Blümchen-Service, das die alte Dame nur zu ganz besonderen Gelegenheiten auf den Tisch stellte. Und wie stolz war sie auf die feinen Sammel-Tassen mit goldfarbenem Rand – kleine Kostbarkeiten, die sie hütete und in Ehren hielt. Tanja Neveling, die den vom Soester Entwicklungsnetz (SEN) getragenen Gebrauchtwaren-Markt seit diesem Frühjahr leitet, weiß: „Die 50er-Jahren liegen voll im Trend.“
Die Kunden nutzen gern die Einladung, zur kleinen Zeitreise ins Jahrzehnt des neuen Wohlstandes und des Wirtschaftswunders zu starten und sich dabei auf dem Terrain zwischen leidenschaftlichem Rock’n’ Roll und gediegener Gemütlichkeit zu bewegen. Freudig nehmen sie auf den schlanken Cocktail-Sesselchen Platz und denken, wenn sie das stilvolle Raucher-Set aus Messing betrachten, möglicherweise an den lieben Großpapa, der es sich nach getaner Arbeit zuhause auf der Polstergarnitur gemütlich machte und sich seine Feierabend-Zigarre gönnte.
Mit der Motto-Ecke setzt das Team des Sozialkaufhauses eine neue Idee um. Zum Start rücken jene Jahre in den Blick, als freundliche Pastelltöne und gemusterte Resopal-Oberflächen – im Kontrast dazu auch knallige und kräftige Farben – den Einrichtungsstil dominierten. Die Palette reichte von einem zarten, zurückhaltenden Rosa bis zum leuchtenden Signalrot. Die Tische waren nicht mehr nur rund oder quadratisch, sondern wiesen futuristische Formen auf, das geschwungene Dreieck war stark gefragt. Bauchig gestaltete Sitzgelegenheiten standen auf dünnen Beinen. Man zeigte, was man hatte, und was man sich alles leisten konnte. Deshalb zogen Schränke mit großen Glaseinsätzen in die Wohnzimmer ein, hinter spiegelblanken Scheiben, die sich durch Schieben öffnen ließen, kamen Schätze wie Gläser und edles Geschirr von Rosenthal ausgezeichnet zur Geltung. Die Jugend dagegen traf sich auf einen Milchshake, erfrischte sich mit einer eiskalten Coca Cola und ließ sich mit den neuesten Schlagern aus der Jukebox berieseln.
Carmen Gernhard, die im Sozialkaufhaus für den Verkauf zuständig ist, freut sich, wenn sie beobachtet, wie begeistert die Kunden Möbel, Deko, Bücher, Bilder, Schallplatten anschauen und dann mit glänzenden Augen aus ihrer Kindheit erzählen. Ihr, wie auch Tanja Neveling, ist es wichtig, Besuchern, die im Übrigen die gemeinnützige Arbeit des Soester Entwicklungsnetzes unterstützen, ein Erlebnis zu bieten, deshalb wechseln die Sonder-Ausstellungen alle drei Wochen. Das nächste Thema lautet: „Amerika“.
Fans der 50er-Jahre kommen weiterhin auf ihre Kosten, wenn sie bei ihrer Entdeckungstour gezielt Ausschau nach Vintage-Objekten halten, die in Soest und Umgebung in Kellern oder auf Dachböden zum Vorschein kamen, und die die Spender gern zur Verfügung stellten, weil sie fanden, die guten Stücke – manches mit altersgemäßer Patina – seien viel zu schade zum Wegwerfen. Möglicherweise summen Liebhaber gut 60 Jahre junger Retro-Schätzchen beim Bummel durch die weitläufigen Hallen die beliebtesten Melodien der unvergesslichen Glenn-Miller-Story, die Mitte der 1950er-Jahre mit großem Erfolg in den Kinos lief. Titel wie „Rhapsody in Blue“ erklangen einmal aus vielen Soester Musiktruhen. Besuchern, die auf das Porträt von Liz Taylor stoßen, fällt vielleicht ein, wie sehr Oma und Opa für die attraktive Schauspielerin schwärmten. Lange ist es her, vergangen, aber nicht vergessen. Tanja Neveling kennt das schon: „Ach, es gibt so viele schöne Geschichten von früher. Bei uns werden viele Erinnerungen wach!“
Heyke Köppelmann
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Publiziert am:
16.8.24