Gute Ratschläge und viele Fragen zum Sprung in die Entenkacke

Er lebt in Soest, doch zum Arbeiten fährt er mehrfach pro Woche in die Fehdestadt nach Köln. Außerdem klebte er so lange wie niemand vor ihm am Amt des Jägerken. Für die Bürgerschützen waren das gleich zwei Gründe, ihn gemeinsam mit Johannes Lehde und Wolfgang Lückenkemper in den Großen Teich zu wippen. Hier schildert Sebastian Moritz exklusiv für Schönes Soest seine Gefühle vor, beim und nach dem Wippen.

Es ist ja nicht so, dass es vorher keine gut gemeinten Ratschläge gegeben hätte: Die Arschbombe ist Pflicht. Den Mund spätestens nach dem Absprung geschlossen halten. Und kurz bevor es auf die Wippe geht, noch einen Eimer kaltes Teichwasser übern Kopf kippen. Soweit so klar. Doch ganz im Ernst: Wenn du auf der vorletzten Stufe dieser in Schandgelb gestrichenen, wackeligen Holzleiter am Großen Teich stehst, wenn du den Anwohnern auf dem Balkon der ersten Etage schon ins Sektglas und hunderten Soesterinnen und Soestern in ihre schadenfreudigen Gesichter blicken kannst, dann hilft dir all das gar nichts mehr. Du stehst da oben auf diesem Holzkonstrukt und hast Fragen: Ist der Tümpel hier überhaupt tief genug? Warum um alles in der Welt ist die DLRG mit zwei Mannschaftswagen plus Anhängern und Rettungskanus angerückt? Was hat Wolfgang Lückenkemper mit seiner Welver-Fahne in der Hosentasche vor? Warum gibt es hier oben eigentlich kein Geländer? Und vor allem: Nimmst du die letzte Stufe noch oder springst du schon von hier aus runter in die Grütze?

Die zahlreichen großen und kleinen Kaltgetränke, mit denen dich die Bürgerschützen schon den ganzen Nachmittag durchaus engagiert und mit Nachdruck versorgt haben, entfalten in diesem Augenblick gleich doppelt ihre Wirkung. Rein objektiv betrachtet steigt das Risiko, dass du auf der DIN A4-Blatt-großen Fläche die Standfestigkeit verlierst. Rein subjektiv betrachtet, ist dir das allerdings zunehmend egal. Also: Rauf auf die letzte Stufe. Das werden die anderen beiden doch sicherlich auch so machen. Johannes Lehde hat sogar extra seinen Helm mitgebracht, der plant wahrscheinlich sogar nen Köpper… Und während du dich noch fragst, ob dein Stoffhut ähnlich gut vorm Aufprall auf dem Teichgrund schützen wird, fliegst du schon in Richtung Entengrütze. Was haben sie dir nochmal geraten? Ach, da war doch was: Mit dem Po zuerst … 

Egal, dafür ist es jetzt eh zu spät. Mit nach unten ausgestreckten Gliedmaßen und dem Gesicht parallel zur Wasseroberfläche geht es direkt in Richtung Entenkacke. Platsch! Für Haltungsnoten ist das hier zwar ohnehin nicht der richtige Ort, aber weniger elegant geht es wohl kaum. Manch einen erinnerte die Sprungtechnik an einen Adler. Nun ja, immerhin keine Gans, dann hätte ich hier am Teich womöglich noch ein ganz anderes Problem bekommen. Die Gäste aus Belecke hatten ja gleich ganz großes Geschütz aufgefahren und eine Kanone am Ufer positioniert. Wenn ich oben auf der Wippe schon geahnt hätte, dass es später noch für alle Malefikanten ein Buch mit dem Titel „Tod im Teich“ geben würde, die Sprungtechnik wäre garantiert eine andere gewesen.

Doch zum Glück sind das alles Dinge, die man erst im Nachhinein erfährt. Und spätestens, als ich platschnass auf dem rettenden Floß stand, war klar, dass ich den Ratschlag, den ich im Vorfeld am häufigsten gehört hatte, von nun an uneingeschränkt weitergeben kann: Es kostet vielleicht etwas Überwindung, aber, wenn dich die Bürgerschützen ins Auge gefasst haben, mach‘ da mit! Denn das ist die mit Abstand schönste Strafe, die unsere Stadt zu bieten hat!

Sebastian Moritz

Helm ab – zum Wippen – Johannes Lehde
Polizei geht baden – Wolfgang Lückenkemper
Geschafft – nass, aber froh, mit dem Leben davongekommen zu sein – von links: Wolfgang Lückenkemper, Sebastian Moritz und Johannes Lehde

Fotos: Gero Sliwa

Publiziert am:

30.12.23