Elfte Auflage des Ostönner Orgelsommers

Als die Bäume gefällt wurden, aus deren Holz die ältesten Teile der Orgel in der Ostönner St. Andreas-Kirche hergestellt worden sind, dachten die Menschen noch, dass die Erde eine Scheibe ist. Damals, vor fast 600 Jahren, nutzte ein bis heute unbekannter Orgelbauer jenes Holz, um ein Instrument für die Soester Kirche Alt St. Thomae zu konstruieren, das heute zu den ältesten seiner Art weltweit zählt. 2025 dürfen die Ostönner Jubiläum feiern, gehen Wissenschaftler doch davon aus, dass das Instrument um 1425 konstruiert worden ist. Bis dahin müssen sich die Freunde der gotischen Orgel noch etwas gedulden, dürfen sich aber zugleich darauf freuen, dass in diesem Jahr die elfte Auflage des Ostönner Orgel-Sommers stattfindet. An vier Tagen werden Titular-Organist Léon Berben und weitere Künstler den alten Pfeifen wunderbare Klänge entlocken.

Berben ist seit 20 Jahren mit dem alten Instrument vertraut, hat sich der Orgel verschrieben, die 1722 von Orgelbauer Möller aus Soest nach Ostönnen versetzt wurde. Nach der jüngsten Restaurierung 2003 kam Berben erstmals damit in Berührung. „Das war von Anfang an wunderschön“, war er beeindruckt von den Klängen, die die damalige Organistin Erika Strelow der Orgel entlockte. Prompt entwickelte sich eine Verbundenheit zwischen dem aus den Niederlanden stammenden Künstler und der Ostönner Orgel sowie all denjenigen, die sich um das Kleinod in der Soester Börde verdient gemacht haben und immer noch machen. So wirkte Berben mit bei Konzerten, die zunächst von Erika Strelow, später von Helmut Reineke organisiert worden waren.

Jetzt zieht Berben selbst die Fäden, um ein anspruchsvolles Programm für den Ostönner Orgel-Sommer zusammenzustellen. Auftakt ist am 25. Mai mit Jan Katzschke aus Neustadt am Rüberberge. Er präsentiert ein Programm mit Musik am Dresdner Hof, der er als ehemaliger Kantor der Dresdner Diakonissenhauskirche besonders verbunden ist. Es erklingen Werke u.a. von Hassler, Weckmann und Hofhaimer. Am 16. Juni greift Léon Berben selbst in die Tasten. Aus Anlass des Orgeltages Westfalen spielt der in Köln lebende Organist ein europäisches Programm mit Musik, die im 17. Jahrhundert entstanden ist. Im Mittelpunkt stehen Werke aus der Zeit von vor 400 Jahren und von Matthias Weckmann, dessen Todestag sich 2024 zum 350. Mal jährt.

Ein für so ein altes Instrument wie die Ostönner Orgel ungewöhnliche Töne werden in der St. Andreaskirche am 31. August erklingen. Denn Dominik Susteck, ein Organist aus Bochum, und Tobias Hagedorn aus Frankfurt, haben sich elektronischer Musik verschrieben, bringen Werke unter dem Titel „Ear Washing“ zu Gehör. Moderne Stücke auf einer alten Orgel – das ist ein besonderes Spannungsfeld, dem auch Organisator Léon Berben erwartungsvoll entgegenblickt: „Wie lassen sich ganz neue Hörerfahrungen machen in einem Raum, der ja seit jeher für die Suche nach Antworten steht? Wie lassen sich die vertrauten Spuren der Tradition in etwas verwandeln, das uns noch überraschen kann?“

Abschluss des Ostönner Orgel-Sommers wird am Samstag, 28. September, mit Krzysztof Urbaniak aus Krakau sein. Der Organist, Orgelsachverständiger und Preisträger vieler Wettbewerbe spielt Werke aus dem 17. Jahrhundert mit Musik von Siefert, Cato, Steigleder und Sweelinck. Die Konzerte in Ostönnen sind immer samstags um 17 Uhr, eine Ausnahme ist das Konzert am 16. Juni, einem Sonntag, um 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, eine Spende ist nach den Konzerten willkommen.

Dirk Wilms

Publiziert am:

17.4.24